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2023-02-28 14:37:19 By : Mr. Bo WU

Von Annika Reketat Kategorien: Wissen & Technik 26. Februar 2023, 12:11 Uhr

Biophilie ist die „Liebe zum Lebendigen“. Damit ist eine evolutionsbedingte Neigung für die natürliche Umwelt gemeint. Wie Biophilie glücklicher und gesünder machen kann, erfährst du hier.

In den vergangenen Jahren schafften sich viele Menschen im Rahmen eines regelrechten Zimmerpflanzen-Booms mehr grüne Mitbewohner im Urban Jungle an und entdeckten das Spazierengehen als kleine Flucht vor den Härten der Covid-19-Pandemie für sich. Dass wir uns für Wohlbefinden und Freude der Natur zuwenden, ist allerdings kein Trend, sondern wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge eine evolutionsbedingte Neigung des Menschen – die sogenannte Biophilie. 

Der Begriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern bios für „Leben“ und philia für „Liebe“ zusammen. Er beschreibt also die „Liebe zum Leben“ oder die „Liebe zum Lebendigen“: Pflanzen, Tiere, Natur.

Erstmals beschrieb der Psychologe und Philosoph Erich Fromm das Konzept der Biophilie als „die leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen„. Die Biophilie sei der Wunsch, Wachstum zu fördern – egal, ob es sich dabei um einen Menschen, eine Pflanze, eine Idee oder eine soziale Gruppe handele. Später griff der Biologe Edward O. Wilson das Konzept auf und erarbeitete daraus die Biophilie-Hypothese. Sie geht davon aus, dass Menschen ein angeborenes Interesse oder eine grundlegende Verbundenheit zur Natur und allen lebenden Dingen haben.

Die Wissenschaft dahinter basiert auf evolutionsbiologischen Überlegungen, insbesondere in Bezug auf den Lebensraum, an den sich die Menschheit im Lauf der Evolution angepasst hat. Eine Studie, die sich mit den möglichen Vorteilen von Biophilie beschäftigt, nennt diesen Lebensraum das Environment of Evolutionary Adaptation (EEA). Den Wissenschaftler:innen zufolge ist es aus evolutionärer Sicht noch nicht so lange her, dass die Spezies Mensch den Lebensraum verließ, an den sie den größten Teil der Geschichte angepasst war: die Wildnis.

Pflanzen waren dabei im Verlauf der Evolutionsgeschichte von entscheidender Bedeutung für das menschliche Überleben, denn sie dienten als Nahrungsquelle und schützendes Habitat. Die Menschheit entwickelte sich also die längste Zeit ihrer Existenz in einem EEA, in dem Flora und Fauna integrale Bestandteile waren.

An unseren heutigen ortsgebundenen Lebensstil, den wir vornehmlich sitzend und in städtischen Umgebungen mit deutlich weniger Grün um uns herum verbringen, hat sich unser Körper demnach genetisch noch nicht vollständig angepasst. Einige Abweichungen von der Lebensweise, für die wir genetisch ausgelegt sind, sind laut der Studie positiv, wie das Schlafen auf einer Matratze statt auf dem Boden.

Doch andere Abweichungen können Krankheiten begünstigen und die Lebensqualität verschlechtern. Chronischer Bewegungsmangel und Luftverschmutzung sowie Lärm in der Stadt machen uns zu schaffen. Insbesondere das Gehirn soll für Abweichungen vom EEA anfällig sein – was sich darin zeigt, dass psychische Störungen eines der größten Gesundheitsprobleme westlicher Gesellschaften sind. Das Fehlen von Pflanzen könne einen unbewussten Stressfaktor darstellen.

Die Studie legt daher nahe, dass wir diese negativen Abweichungen mildern können, indem wir natürliche Elemente zurück in unseren Lebensraum bringen. Das können mehr Parks, Zimmerpflanzen oder einfach der Blick durchs Fenster in die Natur sein. 

Dem menschlichen Drang, sich mit der Natur zu verbinden, kannst du im Alltag auf vielfältige Weise nachgehen. In der Freizeit bietet sich zum Beispiel Waldbaden an, eine japanischen Naturtherapie (Shinrin Yoku), die auf die heilsame Wirkung des bewussten Aufenthalts im Wald setzt.

Es ist aber auch möglich, Biophilie in Innenräumen auszuleben. Darauf hat sich das sogenannte biophile Design spezialisiert. Dabei geht es einerseits darum, die Natur durch Ausblicke, frische Luft und viel Licht in den Innenraum zu holen. Andererseits lässt sich biophiles Design auch durch natürliche Referenzen umsetzen, also durch Materialien aus der Natur und von der Natur inspirierte Formen. 

Biophiles Design kann dann zum Beispiel so aussehen:

Objekte aus Holz vermitteln eine behagliche und natürliche Atmosphäre. Sie können auch deine Stimmung heben und deine Produktivität steigern, wie eine Studie aus dem Jahr 2018 herausfand. Untersucht wurde darin die Auswirkung von Holzelementen an Arbeitsplätzen – wie Schreibtischen, Türen, Balken und Vertäfelungen aus Holz – auf die Beschäftigten.

Das Ergebnis: In Arbeitsumgebungen mit viel Holz fühlen sich die Beschäftigten nicht nur stärker mit der Natur verbunden, sondern auch wohler. Sie sind daher zufriedener und positiver und arbeiten konzentrierter und produktiver. 

So kannst du es umsetzen:

Tipp: Auch mit anderen natürlichen Materialien kannst du eine Verbindung zur Natur herstellen. Für Wohntextilien eignen sich zum Beispiel Fasern wie Baumwolle, Leinen und Wolle. Bei diesen Materialien gilt ebenfalls, dass du auf den Ursprung achten und Bio- sowie Fairtrade-Qualität bevorzugen solltest. 

Im Urban-Jungle-Einrichtungstrend tritt unsere Biophilie wohl am offensichtlichsten zutage. Viele Menschen umgeben sich gerne mit möglichst viel Grünzeug und das nicht nur zu dekorativen Zwecken. Pflanzen im Haus tun uns auch gut. Sie helfen zum Beispiel, Stress zu reduzieren, Angstgefühle und Depressionen zu verringern sowie Kreativität und Konzentration zu fördern. 

So kannst du es umsetzen:

Die Arbeit in einem Büro mit natürlichem Licht ist produktiver und lässt dich nachts besser schlafen. In Krankenhäusern wurde zudem festgestellt, dass sich Tageslicht positiv auf die Genesung von Patient:innen und das Wohlbefinden des Personals auswirkt. 

So kannst du es umsetzen:

Du kannst versuchen, die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich aufzulösen, indem du mehr Fokus auf natürliche Aussichten und Ansichten legst. Allein das Betrachten von Naturszenen kann schon Ärger, Angst und Stress abbauen und angenehme Gefühle steigern.

So kannst du es umsetzen:

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Schlagwörter: Gewusst wie Natur Wohnen